HEISST FEMALE EMPOWERMENT SOLIDARISCH SEIN?

Was verstehen unterschiedliche Generationen unter female Empowerment? In dieser Podcastfolge diskutieren Mutter und Tochter über die Begriffe Solidarität, Freiheit, Mut und Ermutigung.

Ich frage Mutter und Tochter, Susanne Hauf und Liz Korndörfer, welchen Einfluss Empowerment auf ihr persönliches Leben hat, welcher Begriff für sie persönlich für female Empowerment steht.

Liz Korndörfer antwortet: Freiheit
Susanne Hauf antwortet : Solidarität 

Susanne Hauf ist Sozialpädagogin, Sprecherin mit eigenem Studio in Berlin, Coach und Trainerin 

Liz Korndörfer hat ihren Master in klinischer Psychologie und in Psychotherapie gemacht, steht am Anfang ihres Berufslebens als Psychologie und arbeitet als Sprecherin.

Was Mutter und Tochter unter Freiheit, was sie unter Solidarität im Zusammenhang mit female Empowerment verstehen, erfährst Du in diesem Artikel.

1. Female Empowerment bedeutet: Freiheit

Freiheit heißt für Liz, wenn weder Geschlecht noch Aussehen eine Rolle spielen, wenn sie sich frei fühlt im Handeln und Erzählen, im Verhalten und im Kleiden.

Liz spürt, dass sie in einem toleranten und offenen Umfeld –  wie z.B. innerhalb der Familie, mit ihren Freund:innen –  als Frau machen und sagen kann, was sie möchte. In anderen Kreisen merkt sie aber, wie sie sich unbewusst verstellt, einschränkt und viele Sachen nicht sagt. Liz sagt, wenn sie zum Thema Sexualität als junge Frau ihre Meinung äußert, kommt das falsch an. Deshalb schweigt sie dann.

Deshalb bedeutet Freiheit für Liz:

  • Jede Frau kann so sein, wie sie will
  • Jeder Mensch kann sich in all seinen Facetten zeigen, in allen Nuancen, in allen Farben
  • Niemand wird aufgrund seines Geschlechts, seiner Hautfarbe oder sonst was beurteilt.

2. Female Empowerment bedeutet: Solidarität

Für Susanne Hauf ist Solidarität 

  • ein „Kleber“, der eine Gesellschaft zusammenhält 
  • die Selbstverpflichtung von Menschen, sich sozial zu verhalten. 

Es hat sehr viel Kraft, wenn Frauen „zusammenkleben“, ihre Stimme gemeinsam erheben. Dennoch erleben wir oft das Gegenteil, dass Frauen gerade nicht zusammenhalten. Vor allem, wenn Frauen unbequem werden, Fragen stellen, kurz: Wenn Frauen zu „difficult ladies“ werden. Dann gibt es – gerade auch in Frauenorganisationen –  nicht mehr viel Solidarität. Da werden schon mal die Krallen ausgefahren, da geht es um Konkurrenz. Doch:

 „Wohlerzogene Frauen schreiben keine Geschichte: schwierige Frauen schon“  Helen Lewis*

Zur Solidariät gehört für Liz und Susanne, dass in der Sprache konsequent gegendert wird. Liz sagt: „Dann kriege ich jedes Mal so ein kleines warmes Gefühl, ich fühle mich unterstützt, beachtet. Beachtet nicht unbedingt als Einzelperson, aber in der Thematik.“ 

Solidarität heißt auch, dass die andere Hälfte der Welt mit in der Sprache verankert ist.

3. Female Empowerment heißt ermutigen

  • Warum lassen wir Frauen uns öfters bremsen
  • warum fühlen wir uns nach außen nicht so frei, wie wir uns innerlich frei fühlen?
  • Warum brauchen wir Mut und Ermutigung?  

Liz:
Wir müssen oft Sachen besser machen als nur gut, weil häufig die Männer „straighter“, kompetenter wahrgenommen werden, und Frauen tendenziell nicht.

Liz glaubt, dass sie, wenn sie nicht 120 % gibt, etwas falsch macht. Als sie im Krankenhaus kognitive Testungen mit Patienten machte, wurde sie von den männlichen Patienten oft gar nicht ernst genommen, teilweise sogar während der Situation angemacht. Das passiert Männern, das passierte ihrem männlichen Kollegen, der in ihrem Alter und akademisch gesehen weniger weit ist als sie, nicht. Ihr männlicher Kollege tritt anders auf, die Patient:innen sahen in ihm die Fachkraft eher als in ihr. 


Fazit

Um gehört zu werden, müssen wir Frauen

  • immer mehr geben
  • sich in den Vordergrund spielen 
  • Klartext sprechen und souverän auftreten

Dafür braucht brauchen wir Frauen –

  • Mut
  • innere Ruhe 
  • innere Sicherheit 

Eva:
Für mich war es ein langer Weg, mich durchzusetzen: Als junge Frau habe ich geschwiegen und aufmerksam beobachtet. Ich musste lernen 

  • meiner inneren Stimme zu vertrauen
  • für diese innere Stimme Worte zu entwickeln,
  • um schlussendlich in der Situation den Mund aufzumachen
  • mein Wort zu erheben habe 
  • und das laut zu sagen, was ich innerlich dachte.. 

Susanne:
Susanne war nie wirklich still. Sie sagte immer, was ihr in den Sinn kam und galt dadurch als Mädchen vorlaut und frech.

„Gleichzeitig musst du aber eigentlich lauter sein, um gehört zu werden. Ein ganz schönes Dilemma!“

Das Dilemma verstärkt sich, wenn Frauen untereinander nicht solidarisch sind: wenn eine Frau negativ auffällt. Dann packt die andere Frau ihre Chance zum Glänzen. Wie es Carolin Kebekus in ihrem Buch „Es kann nur eine geben“ beschreibt:
„Es kann nur eine geben, nur eine Königin, nur eine Prinzessin. Wir Frauen haben sozusagen mit der Muttermich augesogen, dass es gilt, um diesen einen Platz kämpfen.“

4. Female Empowerment verlangt, aktiv Zeugin zu sein

Entstehen – z.B. im Arbeitskontext  – sexistische Situationen, geht es gerade mehr um das Geschlecht als um die Kompetenz. Dann schweigen Frauen – noch -oft statt den Mund aufzumachen, werfen höchstens der anderen Frau den vielsagenden Blick zu. Wir schweigen, weil es schwer für uns ist, eine professionelle Art zu finden, zu sagen: „hey, das war gerade voll sexistisch.“

In solchen Situationen müssen wir lernen, uns gegenseitig zu unterstützen. Wenn ich in dem Moment aus Betroffenheit sprachlos bin, dann ist es unglaublich wertvoll, wenn eine Zeugin, die die Situation erfasst, einspringt und das Wort ergreift.

Zu oft denken wir noch: „Oh, da mische ich mich jetzt nicht ein“
Misch Dich nicht ein! Hat das die gesamte Gesellschaft mit der Muttermilch aufgesogen – oder nur wir Frauen? 

Wir müssen lernen

  • uns einzumischen, auch wenn Gegenwind bläst
  • als Zeugin das Wort zu erheben
  • uns dabei unterstützen lassen von anderen Frauen. 

5. Packe Dir einen Notfallkoffer

Oft fällt uns im Nachhinein ein, was wir hätten antworten, wie wir uns verhalten, wie wir hätten handeln können – sei es als Betroffene, sei es als Zeugin. Um Sprachlosigkeit zu überwinden, packe folgende Tools in deinen Notfallkoffer

1. Überlege Dir Standardantworten für wiederkehrende Bemerkungen

Unfaire Angriffe sind nicht immer neu, manche kommen regelmäßig und beginnen oft mit Ach:

  • Ach, Sie sind hier die Quotenfrau?
  • Ach, sind Sie nicht zu jung für den Job?
  • Ach, wo sind jetzt ihre Kinder?

Katrin Hansmeier, mit der ich in der 1. Podcastfolge gesprochen habe, empfiehlt für wiederkehrende Angriffe folgendes Vorgehen:

  • „Mach‘ Dir die Mühe und schreibe ganz konkret auf:
    was hat mich heute sprachlos gemacht?
  • Überlege Dir eine witzige Antwort für das nächste Mal
  • Freue Dich auf deine nächste Chance

Katrin Hansmeier antwortet z.B. auf die Frage: Wo sind denn jetzt ihre Kinder?:
„Ja, die sind jetzt im Heim
oder
„Die habe ich jetzt auf der A5 zum Spielen abgesetzt, die hole ich nach dem Vortrag wieder ab.

PUNKT

Resultat:
Wenn Du Dir Mühe machst und Dir Antworten überlegst, setzt Du Grenzen, bleibst souverän und hast dabei sogar noch Spaß. Außerdem löst sich der Knoten im Bauch und Du hast den Kopf frei, Dich auf die Themen zu konzentrieren

Wenn Du einen flotten Spruch in der Tasche hast, kann es passieren, dass Du Dir fast wünschst, dass die Situation wieder eintritt

2. Vertraue Deinem Bauchgefühl, benenne Unwohlsein!

In dem Moment, wo du dich unwohl fühlst, hat das einen Grund. Welche Frau hat es noch nicht erlebt, sich abends auf der Straße unwohl zu fühlen? Wer hat noch nicht jemanden angerufen, weil sie durch eine dunkle Straße geht und sich unwohl fühlt? Welche Frau hat noch nicht Sex über sich ergehen lassen, weil sie in dem Augenblick nicht für sich einsteht? Wer wird bei sexuellen Übergriffen, verbalen sexistischen Angriffen, Bemerkungen unterhalb der Gürtellinie nicht sprachlos?

  • Lerne, Deinen Gefühlen zu vertrauen 
  • Nimm‘ Dein Unwohlsein ernst
  • Benenne es
  • Sprich mit anderen Frauen darüber 
  • Entwickle gemeinsam mit anderen Frauen Reaktionstools . 

3. Sprich über Sexualität

Über Generationen wurde uns Frauen beigebracht, nichts zu sagen. Dadurch können sich schlimme Dinge anbahnen, die irgendwann verjähren. Über Sexualität zu reden, ist nach wie vor ein großes Tabu. Wir alle sollten lernen, über Sexualität so zu reden, wie wir über gutes Essen reden

Ich erzähle einfach mal ein Beispiel aus meinem Leben Als ältere Frau bist du in der Vagina trockener und deswegen ist Sex dann nicht mehr so lustvoll. Warum redet man darüber nicht? Warum schweigen Frauen eher, wenn Du dieses Thema ansprichst? Das ist doch gar nichts Schlimmes. Die Haut altert, wird trockener, außen wie innen. 

Sprich über Dein sexuelles Empfinden, Dein sexuelles Unwohlsein, Dein sexuelles Glück – tausche Dich aus! Wie in vielen anderen Bereichen ist es wichtig ist für unser female Empowerment, uns dabei gegenseitig unterstützen!

Empowerment heißt sich gegenseitig ermutigen!

Weiterführende Aktionen:
LoschkyCamp – das 8 wöchige Training für female Empowerment

Meine Gesprächspartnerinnen:
Susanne Hauf
Liz Korndörfer
Katrin Hansmeier

Literaturempfehlungen:

Helen Lewis: “Difficult ladies- a history of feminism in 11 fights”
Carolin Kebekus: “Es kann nur eine geben”
Anne Ameri-Siemens: Die Frauen meines Lebens

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